Minotauros

schlaf, alles schlaf
in bilder geflochten, in tauwerk

umgarnt, umgürtet – lautlos im leichtsein
mit trossen in träume gewickelt
erfahrung, symbole und sicht

als tagtraum verfangen im traum
der tagtraum vom traum

die fasern verwickelt versponnen in viele
in seile verflochten in bildern erfahrung und mehr.
symbol, labyrinth – bedeutung ist alles und alles

schnüre dem einem
mit bändern erfahrung im traum.
lautlos für tauwerk und fäden und netze
im schlaf ein in ihm und in

nieder dem taue! was fesselt, gehindert
zerteilen ein trennen und schneiden zerschneiden
kappen und scheiden ein opfern und schlachten
träum dir das messer vom traum
als messer im traum

stell dir vor, du träumtest dich frei

 

erschienen in Literaturzeitschrift Federwelt, Nr. 127 mit einer Gedichtrezension  von Lyrikerin, Autoren-Coach und Text-Managerin Michaela Didyk von Unternehmen Lyrik:

„Die Wortwiederholung schlaf ambivalent als Anrede oder Substantiv zu verstehen, zieht sofort in den Text. Kurze Gliedsätze, rhythmisch aus ein- bis dreisilbigen Wörtern und durch Alliteration verbunden, suggerieren die vielen Bilder, aus denen sich der Traum zunehmend webt. Zeilenlänge und Leerzeile halten dabei einen Raum der Stille für dieses innere Geschehen offen. Nur ein Aufbäumen kann den Sog stoppen. Die Menge der Verben – durch mehrere und verbunden sowie durch Anrufe in ihrer Dynamik gesteigert – ändern den Sprachfluss. Sie bringen die Wucht zum Ausdruck, die in dieser Befreiung läge. Alle Klangregister sind im Gedicht Minotaurus gezogen, um einen starken Spannungsbogen aufzubauen.“

Veröffentlicht von

Johann Seidl

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